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17. Juni 1953 in Strausberg-
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„ 2013 ist nicht nur 60. Jahrestag Indienststellung Kaserne Eggerdorf/Strausbern- sondern auch 60. Jahrestag des 17. Juni 1953. Anlass: 27. Juli 2012- Beisetzung von Heinz Grünhagen (1933-2012) auf dem Waldfriedhof Eggersdorf/Strausberg - Er galt als letzter Lebender der Strausberger Streikleitung des 17. Juni 1953.. Nach dem Fall der Mauer lebt Grünhagen wieder auf. Mit Energie setzt er sich nunmehr für das Gedenken an die Vorgänge im Juni 1953 ein. In der nach wie vor rot regierten Stadt hat er keinen leichten Stand, findet aber immer wieder Verbündete, so in dem Landtagsabgeordneten und späteren Mitglied des Stadtrates der Partei Bündnis90/DIE GRÜNEN, Detlef Grabert. Nach langem Ringen erkämpft Grünhagen die Errichtung eines Gedenksteines, allerdings am Rande der Stadt, vor dem Kasernentor an der Hennickendorfer Chaussee. Wieder nach Jahren erreicht Grünhagen mit seiner Beharrlichkeit die Anbringung einer Gedenktafel mit den Namen der seinerzeit Streikenden auf dem Gedenkstein. Ulrike Poppe sagte zur Beisetzung: " Strausberg kann Stolz sein auf seinen großen Sohn ". Strausberg und der 17. Juni 1953 ist wie ein rotes Tuch im Stadtgebiet. Warum ? Weshalb ? Spurensuche der Ereignisse, die in Strausberg keine Erwähnung finden sollen oder dürfen. Dies war der Anlass für diesen Webbeitrag. Denn auch der 17. Juni 1953 ist ein Teil der Geschichte der Stadt Strausberg und seiner Garnision.. Ein Spagat zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Alles begann am 16. Juni 1953: Stündlich wiederholte der RIAS aus Berlin/West in seinen Nachrichtensendungen ab 23.00 Uhr folgende Meldung: "Arbeiter aller Industriezweige Ostberlins forderten in den Abendstunden besonders nachdrücklich, dass die Ostberliner sich am Mittwoch früh um 7 Uhr am Strausberger Platz zu einer gemeinsamen Demonstration versammeln sollen. Diese Ankündigungen und Aufrufe wurden von verschiedenen Demonstrationsgruppen bekannt gegeben. Vertreter der Arbeiter und anderer Gruppen der Ostberliner Bevölkerung hoben hervor, dass die Bewegung weit über Ostberlin und über den Rahmen einer Protestdemonstration gegen die Normerhöhung hinausgegangen sei." Selbst der Westberliner DGB mischte mit: Der West-Berliner DGB-Vorsitzende Ernst Scharnowski unterstützte in einem Aufruf an die "Ost-Berliner Kolleginnen und Kollegen", der am Morgen ab 5.36 Uhr insgesamt viermal über den RIAS verbreitet wurde, die Forderungen der Bauarbeiter nach Aufhebung der Normerhöhungen. Ein Aufruf zum Generalstreik wurde ihm verboten. Was geschah 1953 in Strausberg: Strausberg wird als ein Zentrum der Streiks bezeichnet. Ort war jedoch "nur" die Baustelle der Kaserne Eggersdorf/Strausberg in der Hennickendorfer Chaussee. Dem späteren Kommando LSK/LV der DDR und heute als "Barnimkaserne" der Bundeswehr genutzt. Heinz Grünhagen, der zwanzigjährige Bauarbeiter, hört am Abend im Berliner Sender RIAS den Aufruf zum Streik: "Morgen am Strausberger Platz." Der Brigadier, der für zahlreiche Kollegen die Stunden erfasst und die Abrechnungen erstellt, weiß um den Druck, der durch die vom Staat verordnete Normenerhöhung entstanden ist. Obwohl jung verheiratet, seine Frau ist schwanger, trifft er sich am Morgen des 17. Juni auf der Baustelle. Schnell ist man sich einig und beteiligt sich am Streik. Eine Streikführung wird gewählt, Heinz Grünhagen gehört dazu.. Man bemächtigt sich mehrerer LKW der Bau-Union und fährt enthusiastisch von einem Betrieb zum anderen in Strausberg, um zum Streik aufzurufen. Im Zementwerk Rüdersdorf fordern die Streikenden die Freilassung der politischen Gefangenen. Angesichts der vor Ort schwer bewaffneten Polizei ziehen sich die Arbeiter nach Strausberg zurück. Nach dem Mittagessen beschließen die Streikenden: Wir fahren nach Berlin. Doch Kasernierte Volkspolizei und sowjetische Militärs sichern die Stadtgrenze. In der heutigen Hennickendorfer Chaussee stadtauswärts sichten Grünhagen und seine Freunde Panzerspähwagen der Roten Armee. Als die Arbeiter vorrücken, werden Warnschüsse abgefeuert. Die Strausberger Streikenden ziehen sich zurück. Noch in der Nacht wird Grünhagen von der Stasi aus dem Bett geholt. Am 25. Juni 1953 findet bereits der Prozess gegen die "Aufrührer" statt. Grünhagen ist der jüngste Angeklagte, wird zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Das Gericht wirft ihm vor, Wortführer der Streikenden gewesen zu sein und begründet damit seine besondere Schuld an dem "Aufruhr". Bis 1956 verbüßt Heinz Grünhagen seine Haft im Zuchthaus Luckau. Als er entlassen wird, bleibt er seiner Frau zuliebe in der DDR. Von den Arbeiten im Steinbruch ist er gesundheitlich schwer gezeichnet, später wird eine Staublunge diagnostiziert. Trotzdem arbeitet er notgedrungen im Straßenbau, jeglicher Aufstieg wird dem einstigen Streikführer verwehrt. Was geschah 1953 in der DDR: Immer mehr Betriebe legten die Arbeit nieder, so streikten im Bezirk Mitte von den 4.000 in vier Betrieben Beschäftigen ca. 3.300, in Friedrichshain von 10.000 Beschäftigten in 10 Werken nahezu alle, in Köpenick von 24.000 in 13 Betrieben die Hälfte. Dies betraf auch Werke sowjetischer Aktiengesellschaften. Zahllose Resolutionen wurden verfasst und den Gewerkschafts- bzw. Betriebsleitungen übergeben. Die Forderungskataloge waren sich immer einander ähnlich: Ablösung der Regierung, Auflösung des hauptamtlichen FDGB-Apparates, freie Wahlen, Senkung der HO-Preise um 40 Prozent. Ständig trafen neue Demonstrationszüge in der Leipziger Straße, am Potsdamer Platz und in den angrenzenden Straßen ein. Sprechchöre forderten den Rücktritt der Regierung, freie Wahlen und die Einheit Deutschlands. Gegen 10.00 Uhr hatten die Demonstranten alle Sektorengrenzschilder, Propagandaschilder und Fahnenmasten am Potsdamer Platz zerstört, Kioske und Baracken in Brand gesetzt. Die Situation eskalierte immer rascher, die Volkspolizeiwache im Columbushaus am Potsdamer Platz wurde gestürmt, Waffen und Bekleidungsstücke aus dem Fenster geworfen und der Westberliner Polizei übergeben. Einige Polizisten zogen es vor, sich in Westberliner Gewahrsam zu begeben. Um 11.00 Uhr wurde die rote Fahne vom Brandenburger Tor geholt und zerrissen. Im Verlauf des 17. Juni drohte der SED, die Macht vollkommen zu entgleiten. An mehreren Orten waren die Partei-, Volkspolizei-, ja sogar die MfS-Zentrale besetzt worden. Die ostdeutschen Kommunisten verfügten über kein Machtmittel, von sich aus den Aufstand zu ersticken. Über eine reguläre Armee verfügte die DDR damals noch nicht. Ihre Rolle nahmen die Verbände der kasernierten Volkspolizei, eine Art hochgerüstete Bereitschaftspolizei, ein. Gegen 11.00 Uhr war die Zahl der Demonstranten vor dem Haus der Ministerien auf über 100.000 Personen angewachsen. Jetzt ging es nicht mehr nur um Normen, das ganze System stand am Pranger. Die Demonstranten zogen in Berlin mit folgenden Losungen durch die Innenstadt: Gegen Mittag gelang es den Demonstranten in einer Reihe von Städten, Haftanstalten, Polizeidienststellen, Einrichtungen der Staatssicherheit, Gebäude der Stadtverwaltungen sowie der SED und Massenorganisationen zu erstürmen. Auch an anderen Stellen Berlins gingen Demonstranten gegen Einrichtungen der SED und der Polizei vor. Sie belagerten das Haus des Zentralkomitees der SED an der Prenzlauer Allee und warfen Fensterscheiben ein. Sowjetische Truppen verhinderten hier wie am Karl-Liebknecht-Haus am Rosa-Luxemburg-Platz die Erstürmung der Gebäude. Andere Demonstranten stürmten ein Gebäude des Ministeriums für Staatssicherheit in der Friedrichstraße und das Verlagsgebäude des FDGB in der Chausseestraße. In Halle wurde der "Rote Ochse" gestürmt und die Gefangenen befreit. (eben auch nachgewiesenermaßen ehemalige Kriegsverbrecher). So wurde aus einem anfänglichen Streik ein westlich gesteuerter Umsturzversuch. Die Sowjetunion zog die Notbremse und setzte ihre eigentlich aufgegebenen Besatzungsrechte wieder ein. Der Gesamtbestand der sowjetischen Streitkräfte in der DDR ging in erhöhte Alarmbereitschaft und wurde dann zur Niederschlagung des Aufstandes eingesetzt. Nachbetrachtung: Auch die jetzigen Bundesregierungen - egal welcher Coleur- würde in gleicher Lage und Situation der Eskalation derartiger Ereignisse ihre staatlichen Machtmittel zur Niederschlagung einsetzen. Denn auch die derzeit Regierenden sind nicht demokratisch legitimiert. Siehe Aufhebung des Bundestagswahlrechts wegen Verstoß gegen das Grundgesetz durch das Bundesverfassungsgericht. Ich weiß, Vergleiche hinken. Jedoch sollte bei aller Bewertung der Niederschlagung des 17. Juni 1953 nie der damals aktuelle geschichtliche Kontext vergessen werden. Gerade darum stünde es einer Stadt wie Strausberg in heutiger Zeit gut zu Gesicht, sich dieser Geschichte nicht zu verschliessen und den Strassenabschnitt der Hennickendorfer Chaussee vom Bahnübergang bis zur Kurve nach Tasdorf in " Strasse des 17.Juni" umzubenennen. Der 60. Jahrestag im Jahre 2013 wäre eine gute Gelegenheit dazu. Eine Stadt ist allen Bürgern verpflichtet und auch seiner Gesamtgeschichte. Aus der Meinung eines Strausberger Bürgers: Aus heutiger und aus damaliger (westlicher) Sicht mag das stimmen, dass die Arbeitsbedingungen zu schlecht und die Normen sehr hoch . Aber, wenn jeder sofort streiken wollte, wegen dieser miesen Nachkriegssituation, wären wir heute noch Ruinenbewohner. Also war es eine nationale Aufgabe, das Vaterland wieder aufzubauen. Man denke an die Trümmerfrauen, die für´n Appel und en Ei geschuftet haben. Und da stellen sich die Bauarbeiter hin und verlangen mehr Geld, weniger Leistung und gute Arbeitsbedingungen. Der Westen bekam Care-Pakete und den Marshallplan und konnte die Nase rümpfen über die Zustände in der SBZ/DDR. Uns hat man nichts geschenkt und dafür die Schienen und Fabriken abgebaut. In der Situation über RIAS dann die hungernde DDR-Bevölkerung aufzuwiegeln, für mehr zu putschen, trifft immer auf fruchtbaren Boden. zur Diskussion im LSK/LV-Forum |
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